Praxis
Die Auswahl geeigneter Saatgutmischungen für die Aufwertung oder Anlage von Blühwiesen stellt viele Kommunen regelmäßig vor große Herausforderungen. Neben der Förderung von Zielorganismen – z. B. blütenbesuchende Insekten – stellen auch der Einsaatzeitpunkt und die Standortbedingungen sowie die optische Attraktivität der Blühwiese für Bürgerinnen und Bürger wichtige Auswahlkriterien dar.
Zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und des natürlichen Artenspektrums einer Region – insbesondere bei Naturschutzvorhaben – wird häufig autochthones (naturraumtreues) Saatgut eingesetzt. Im Gegensatz zu Regiosaatgut wird autochthones Saatgut nicht mittels Anbau vermehrt, sondern entstammt der Spenderfläche einer bestimmten naturräumlichen Haupteinheit, z.B. dem Schwarzwald-Vorhügel. Die Gewinnung und Ausbringung des autochthonen Saatguts muss in ein und derselben naturräumlichen Haupteinheit erfolgen. Dies trägt dazu bei, die regionale Artenvielfalt zu erhalten und Florenverfälschungen zu verhindern.
Derzeit ist autochthones Saatgut jedoch noch nicht für alle biogeografischen Regionen erhältlich und steht insbesondere für größere Projekte oft nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Alternativ kann in solchen Fällen auf sog. Regio-Saatgut ausgewichen werden, welches naturschutzfachlich gegenüber konventionellem Saatgut zu bevorzugen ist, aber regionale genetische Besonderheiten i.d.R. weniger gut abbildet als naturraumtreues Saatgut. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Ernte von eigenem autochthonem Saatgut vermehrt an Bedeutung für Kommunen, was die Verantwortlichen jedoch vor zahlreiche fachliche und logistische Herausforderungen stellt: Welche Flächen eignen sich als Spenderflächen? Mit welcher Methode soll das Saatgut geerntet werden? Wer übernimmt die Beurteilung der Samenreife? Wo kann das Saatgut getrocknet und gelagert werden?
„Karlsruher Naturraumsaatgut – Ernte blütenreicher Wiesen für die Anlage von Grünflächen und Wiesen in Stadt und Flur“
Diesen Herausforderungen stellt sich die Stadt Karlsruhe im Rahmen ihres Zukunftsprojekts und widmet sich der Gewinnung von autochthonem Saatgut für die fünf im Stadtgebiet vorkommenden Naturräume „Rheinniederung“, „Hardtebene“, „Schwarzwald-Vorhügel und – „Randplatten“, „Kinzig-Murg-Rinne“ und „Kraichgau“. Aufgrund der naturräumlichen Unterschiede war es bisher schwer, geeignetes autochthones Saatgut für die unterschiedlichen Standortgegebenheiten zu finden.
In Kooperation mit dem ortsansässigen Institut für Botanik und Landschaftskunde wurde ein Spenderflächenkataster zur Saatgutgewinnung erstellt. Als Spenderflächen kommen hierbei naturschutzfachlich hochwertige Wiesen der einzelnen Naturräume, aber auch Grünflächen oder Hochwasserdämme mit einem hohen Naturraumbezug und Natürlichkeitsgrad infrage.
Für die Ernte, Trocknung und Lagerung des Saatgutes wurde der miteinanderleben e.V. als Dienstleister beauftragt. Hierbei handelt es sich um eine gemeinnützige Einrichtung, in der Menschen mit und ohne körperliche oder geistige Beeinträchtigung zusammen beschäftigt werden. Die Ernte des Saatgutes erfolgt mithilfe eines eBeetle – einem handbetriebenem Gerät, welches die Samen mittels einer Bürstenwalze vorsichtig von den Halmen löst. Durch diese Methode können die Wiesen weiterhin für die Heugewinnung genutzt und Verluste an wirbellosen Tieren sowie Schäden an Boden und Vegetation im Vergleich zu herkömmlichen Mahd- und Erntemethoden minimiert werden. Zusätzlich werden die Samen bestimmter wertgebender Pflanzenarten, welche nicht maschinell mit dem eBeetle geerntet werden können, per Handernte gesammelt. Anschließend wird das Saatgut getrennt nach Spenderflächen und Erntedatum getrocknet, um eine Vermischung zwischen den Naturräumen zu vermeiden.
Im Herbst 2022 wurden die ersten stadteigenen Grünflächen mit dem selbst geernteten Karlsruher Naturraumsaatgut eingesät. Sowohl auf den Spender- als auch auf den Empfängerflächen wird ein mehrjähriges Monitoring durchgeführt, um die floristischen Entwicklungen zu überwachen und ggf. bei der Pflege, dem Ernteprozess oder der Einsaat nachsteuern zu können.
Zukünftig wird das Karlsruher Naturraumsaatgut auch weiteren Vorhabensträgern wie Wohnungsbaugesellschaften oder Naturschutz- und Umweltverbänden zur Verfügung gestellt.
Newsletter abonnieren
Immer informiert über neue Termine, Projekte und das Bündnis.
Tragen Sie sich jetzt für unseren kostenfreien Newsletter ein.
Auszeichnung StadtGrün Label
Geschäftsstelle Radolfzell
Fritz-Reichle-Ring 2
78315 Radolfzell
Tel.: +49 7732 999-536-0
Fax: +49 7732 999-536-9
Um dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ beitreten zu können, muss Ihre Kommune folgendes beachten:
Unterzeichnung der Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“
Bei der Deklaration handelt es sich um eine freiwillige Selbstverpflichtung, sich als Kommune im Rahmen der eigenen Möglichkeiten für den Erhalt der biologischen Vielfalt einzusetzen. Die Deklaration nennt unterschiedliche Themenbereiche und Zielsetzungen, die sich auch in der Bündnissatzung widerspiegeln.
Beitrittsbeschluss
Da der Beitritt zum Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ mit jährlichen Beiträgen verbunden ist, ist in der Regel ein politischer Beschluss innerhalb der zuständigen kommunalen Gremien erforderlich. Um Ihnen diesbezüglich die Arbeit zu erleichtern, haben wir einen entsprechenden Musterratsbeschluss für Sie vorbereitet.
Beitrittserklärung
Bei der Beitrittserklärung handelt es sich um ein einseitiges Formular, mit dem Sie formell den Bündnisbeitritt erklären und einen Ansprechpartner für das Bündnis benennen.
Mitglied des Vereins können kommunale Gebietskörperschaften werden, die die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet haben. Außerdem müssen Sie eine Beitrittserklärung sowie einen rechtlich verbindlichen Beitrittsbeschluss beim Vorstand einreichen.
Die Mitgliedsbeiträge sind nach Kommunengröße gestaffelt. Die aktuellen Mitgliedsbeiträge entnehmen Sie bitte der Beitragsordnung.
Als Plattform für Austausch und Kooperationen zwischen Kommunen bietet Ihnen das Bündnis Kontakte und Ansprechpartner rund um den kommunalen Naturschutz. Kommunen aus ganz Deutschland sind Mitglied im Bündnis und illustrieren mit zahlreichen Projektbeispielen wie der Naturschutz vor Ort gelingen kann. Mit der Homepage, einem regelmäßigen Newsletter sowie Broschüren und Veranstaltungen informiert das Bündnis seine Mitglieder über aktuelle Entwicklungen im kommunalen Naturschutz. Zudem bietet das Bündnis Ihnen die Möglichkeit, positiv auf Ihre Kommune und Ihre Maßnahmen aufmerksam zu machen.
Das Bündnis selbst schüttet keine Fördermittel aus. Wir stellen in unserer Fördermitteldatenbank Informationen zu zahlreichen für Kommunen relevante Fördermittel bereit und beraten Sie gerne bei Beantragungen.
Das Bündnis veranstaltet regelmäßig Online-Workshops zu spezifischen Themen exklusiv für seine Mitglieder. Zudem werden die Mitglieder zur Jahresversammlung mit einem Tagungsprogramm und der integrierten Mitgliederversammlung eingeladen.
Die Mitglieder verpflichten sich in einer Deklaration, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die biologische Vielfalt vor Ort gezielt zu stärken. Die Anforderungen, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt vor Ort, werden bewusst in die Entscheidungen auf kommunaler Ebene einbezogen.
Das Bündnis finanziert sich durch die Mitgliedsbeiträge sowie durch Fördermittel, welche von der Geschäftsstelle eingeworben werden.
Jedes Mitglied hat eine Stimme in der Mitgliederversammlung. Diese ist das oberste Organ des Vereins. Sie wählt den Vorstand, kann die Satzung ändern und bestimmt die Höhe des Mitgliedsbeitrags. Der Vorstand führt die Beschlüsse der Mitgliederversammlung aus, beschließt den Haushalt und bestellt eine Person für die Geschäftsführung. Die Geschäftsführung leitet die Geschäftsstelle und nimmt die wirtschaftlichen, verwaltungsmäßigen und personellen Angelegenheiten des Vereins wahr.
Das Label „StadtGrün naturnah“ ist ein Zertifizierungsverfahren für ökologisches Grünflächenmanagement, welches vom Bündnis durchgeführt wird. Um daran teilzunehmen, muss Ihre Kommune nicht Mitglied im Bündnis sein. Alle weiteren Infos zum Label finden sie hier.
Das Bündnis ist der Verein, der das Label „StadtGrün naturnah“ vergibt. Um am Labelverfahren teilzunehmen, muss Ihre Kommune nicht Mitglied im Bündnis sein. Ihre Kommune muss auch nicht am Label teilnehmen, um Bündnismitglied zu werden, beides ist unabhängig voneinander möglich, die Mitgliedschaft und das Labelverfahren ergänzen sich aber sehr gut.
Das Bündnis ist ein eingetragener Verein, daher können keine Anteile erworben werden.
Das Naturschutzprojekt des Jahres wird vom Bündnis alle zwei Jahre für herausragende Projekte an zwei Mitgliedskommunen vergeben. Wer die Auszeichnung erhält, wird vom Bündnisvorstand entschieden. Die Kommunen aus denen die Vorstandsmitglieder kommen, können nicht teilnehmen.
Jede Mitgliedskommune hat genau eine Stimme, unabhängig von der Einwohnerzahl.
An den Veranstaltungen, die das Bündnis für Mitglieder ausrichtet, können mehrere Personen aus Ihrer Kommune teilnehmen, so lange Plätze verfügbar sind.